ANWALTSKANZLEI

Zahlen Oma und Opa den Unterhalt der Enkel?

Der Bundesgerichtshof hat kürzlich entschieden, dass Großeltern unter Umständen Unterhalt für ihre Enkelkinder zahlen müssen. Das Gericht verweist auf das Prinzip der generationsübergreifenden Solidarität. 

Zwar bleibt es weiterhin dabei, dass zunächst die Eltern den Kindesunterhalt zahlen müssen. Verfügen diese aber nur über geringe Einkünfte, muss den Eltern der Selbstbehalt verbleiben. Dies ist zunächst der sogenannte angemessene Selbstbehalt (derzeit 1.400,00 EUR). Besteht eine gesteigerte Unterhaltspflicht der Eltern, was grundsätzlich beim Unterhalt gegenüber minderjährigen Kindern der Fall ist, kann der unterhaltspflichtige Elternteil auf den sogenannten notwendigen Selbstbehalt verwiesen werden (derzeit 1.160,00 EUR). 

Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass diese gesteigerte Verpflichtung der Eltern gegenüber minderjährigen Kindern dann nicht eintritt, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB). Das heißt, der Selbstbehalt des grundsätzlich vorrangig unterhaltspflichtigen Elternteils darf dann nicht auf den entsprechend niedrigeren Wert (derzeit 1.160,00 EUR) gekürzt werden. 

Zu den anderen unterhaltspflichtigen Verwandten gehören nach § 1601 BGB auch die Großeltern. Sind Großeltern leistungsfähig für Enkelunterhalt, d.h. verfügen sie über ein höheres Einkommen/Rente als ihr eigener Selbstbehalt, können sie für den Unterhalt herangezogen werden. Der Selbstbehalt von Großeltern beträgt im Fall der Unterhaltspflicht gegenüber Enkeln derzeit 2.000,00 EUR zzgl. der Hälfte des über 2.000,00 EUR liegenden Einkommens. Sind mehrere Großeltern vorhanden, die über Einkommen in dieser Höhe verfügen, haften diese im Verhältnis ihrer Einkünfte zueinander für den Enkelunterhalt. 

 

veröffentlicht am 16.04.2022 in der „Sächsischen Zeitung“