Für die Berechnung von Ansprüchen auf Kindes- oder Ehegattenunterhalt sind alle Einkünfte aus allen Einkommensarten des Unterhaltspflichtigen zu ermitteln. Dazu zählen Einkünfte aus selbständiger, nicht selbständiger Tätigkeit, Vermietung und Verpachtung, Kapitaleinkünfte, Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und sonstige Einkünfte. Bei Arbeitnehmern werden die Einkünfte der letzten 12 Monate betrachtet. Bei Selbständigen und Freiberuflern wird dagegen immer auf die letzten 3 Jahre vor der Aufforderung abgestellt. Nur so kann eine realistische Prognose für die zukünftige Einkommensentwicklung erstellt und das unternehmerische Risiko berücksichtigt werden. Der Selbständige ist dabei unterhaltsrechtlich auch verpflichtet, ab dem 01.07. eines Jahres vollumfänglich Auskunft über seine Einkünfte nebst den entsprechenden Belegen zu erteilen. Vielfach ist das in der Praxis nur schwer umzusetzen. In vielen Fällen ist das Steuerbüro mit dem Jahresabschluss noch nicht fertig. Meist hat der Unternehmer eine Fristverlängerung zur Abgabe beim Finanzamt erhalten. Für die Pflicht zur Vorlage der Unterlagen zur Unterhaltsberechnung ist das aber nicht maßgeblich. Die Unterlagen und Auskünfte müssen schnellstmöglich fertiggestellt werden, um kein gerichtliches Verfahren zu riskieren.
Sollten sich jedoch aus aktuellem Anlass erhebliche Veränderungen der Einkommenshöhe zu den letzten Jahren ergeben, weil Einkünfte nachweislich über längere Zeiträume wegfallen oder sich erhöhen, z.B. wegen Geschäftsschließung, Übernahme, Großprojekt, usw. sind auch diese Veränderungen zu berücksichtigen und müssen vom Unterhaltspflichtigen nachgewiesen werden. Für die Ermittlung rückständiger Unterhaltsansprüche für bereits abgeschlossene Jahre werden jedoch ganz konkret die Einkünfte dieses betreffenden Jahres in die Berechnung eingestellt.
Zu unterscheiden ist ferner, ob der Unterhaltspflichtige Einzelunternehmer oder Gesellschafter ist. Sofern der Unternehmer eine Gewinnermittlung erstellt, ist der darin ausgewiesene Gewinn als Einkommen in der Berechnung anzusetzen. Ggf. sind die Gewinne um private Kosten für Auto, Tanken, Telefon, Versicherung, usw. zu erhöhen, wenn sie als Ausgaben des Unternehmens berücksichtigt wurden. Handelt es sich um eine GmbH, so sind die erzielten Einkünfte als angestellter Geschäftsführer zusätzlich zu den Gewinnen zu berücksichtigen. Zum Erhalt der Liquidität des Unternehmens ist der Unternehmer berechtigt, unternehmerisch vertretbare Rücklagen zu bilden oder Gewinne in gewissem Umfang nicht auszuschütten. Oft besteht an dieser Stelle ein erhebliches Misstrauen der Unterhaltsberechtigten. Sie befürchten eine Verschiebung der Erwerbseinkünfte hin zur Vermögensmehrung und damit einer Verringerung ihrer Unterhaltsansprüche. Der Unterhaltsberechtigte kann sich durch eine vollständige Vorlage aller Bilanzen, Gewinnermittlungen, Kontenblätter, Steuererklärungen, usw. einen Überblick über die finanzielle Situation des Unternehmens verschaffen und damit auch abschätzen, in welcher Höhe bislang Rücklagen gebildet wurden und ob die derzeitige Höhe vertretbar ist. Der Unternehmer ist im eigenen Interesse gehalten darzustellen, warum er die Rückstellungen in der Höhe vornimmt. Es obliegt ihm, für die Nachvollziehbarkeit seiner unternehmerischen Entscheidung zu sorgen. Bei Fragen rund um die Unterhaltsberechnung stehen wir Ihnen jederzeit gern zur Verfügung.
veröffentlicht am 02.12.2022 in der „Wirtschaft in Sachsen“